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Pressemitteilung Gallup Engagement Index 2022

Pressemitteilung Gallup Engagement Index 2022

Emotionale Bindung deutscher Beschäftigter bricht ein, Zahl der inneren Kündiger so hoch wie zuletzt 2012

  • Nur 25 Prozent der deutschen Arbeitnehmenden mit direkter Führungskraft rundum zufrieden
  • Fast ein Fünftel der deutschen Beschäftigten hat innerlich gekündigt
  • Niedrige emotionale Bindung verstärkt Wechselbereitschaft
  • Marco Nink: „Führungskräfte kümmern sich derzeit vor allem um das Managen von Krisen, die Beschäftigten sind wieder etwas vom Aufmerksamkeitsradar verschwunden.“

Berlin, 22. März 2023. Corona, Lieferkettenprobleme, Inflation, Energiekrise, höhere Produktionskosten und Fachkräftemangel: Der Dauerkrisenmodus, in dem sich deutsche Unternehmen befinden, hinterlässt Spuren. Während der Anteil der Beschäftigten mit hoher emotionaler Bindung in den Pandemiejahren 2020 und 2021 mit jeweils 17 Prozent ein Rekordhoch erreicht hatte, ist er 2022 mit lediglich 13 Prozent deutlich eingebrochen. Gleichzeitig ist die Anzahl der Arbeitnehmenden, die im Job innerlich gekündigt haben, auf 18 Prozent gestiegen und erreicht damit den höchsten Wert seit 2012 (2021: 14 %). Diese Ergebnisse gehen aus dem Gallup Engagement Index 2022 hervor, der seit 2001 jährlich erhoben wird. Die Langzeitstudie misst die emotionale Bindung von Beschäftigten an ihren Arbeitgeber und gehört zu den wichtigsten Indikatoren für die Führungskultur und das Arbeitsumfeld in Deutschland.

Während Unternehmen zu Zeiten der Pandemie offensichtlich einen stärkeren Fokus auf ihre Mitarbeitenden gelegt und damit die emotionale Bindung ihrer Beschäftigten positiv beeinflusst haben, ist diese zuletzt deutlich gesunken. Nur noch 13 Prozent der Befragten erleben ein durch Führung geprägtes Arbeitsumfeld, das in einer hohen emotionalen Bindung resultiert (2021 und 2020: jeweils 17 %, 2019: 15 %). Mit 69 Prozent macht der überwiegende Teil der Arbeitnehmenden Dienst nach Vorschrift. Der Anteil derer, die keine emotionale Bindung aufweisen und bereits innerlich gekündigt haben, liegt bei 18 Prozent (2021: 14 %, 2020: 15 %, 2019: 16 %). Damit verursachen sie (aufgrund von Produktivitätseinbußen) volkswirtschaftliche Kosten, die sich auf eine jährliche Summe zwischen 118,1 und 151,1 Milliarden Euro* belaufen.

„Es scheint, dass sich Führungskräfte im vergangenen Jahr stärker um das Managen von Krisen gekümmert haben als um ihre Beschäftigten. Diese sind nach Corona wieder ein Stück weit vom Aufmerksamkeitsradar verschwunden“, so Marco Nink, Director of Research & Analytics von Gallup EMEA.

Wechselbereitschaft auf Rekordniveau

Als Konsequenz der niedrigen emotionalen Bindung und der für Beschäftigte guten Lage am Arbeitsmarkt nimmt auch die Bereitschaft zum Jobwechsel zu, die vor allem im Fünf-Jahres-Vergleich Sprengkraft birgt. Beabsichtigten 2018 noch 78 Prozent der Befragten uneingeschränkt, in einem Jahr noch bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber zu sein, ist der Wert 2022 auf 55 Prozent geschrumpft (2019: 73 %, 2020: 61 %, 2021: 60 %). Bei der mittelfristigen Wechselbereitschaft – also einem weiteren Blick in die berufliche Zukunft – sind die Aussichten noch schlechter: Waren 2018 noch zwei von drei Beschäftigten fest davon überzeugt, in drei Jahren noch für ihren aktuellen Arbeitgeber tätig zu sein (65 %), sind es jetzt nur noch 39 Prozent (2019: 58 %, 2020: 50 %, 2021: 44 %). Diesen Umstand nutzen auch Headhunter:innen und Personalberater:innen für sich. Nachdem sie im Zeitraum von 2010 bis 2019 nur zwischen 12 und 16 Prozent der Befragten kontaktiert hatten, sind sie weiterhin aktiv: 27 Prozent der Arbeitnehmenden gaben an, auf diesem Weg ein Jobangebot erhalten zu haben (2021: 31 %).

„Wir sehen massive Umwälzungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt“, so Pa Sinyan, Managing Partner von Gallup EMEA. „Die Wechselbereitschaft nimmt konstant zu, Beschäftigte schätzen ihre Aussichten in einem für Unternehmen herausfordernden Umfeld so positiv ein wie selten zuvor. Unternehmen, die jetzt nicht gezielt gegensteuern, werden ins Schleudern geraten und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gefährden.“ Marco Nink ergänzt: „Von denjenigen, die in einem Jahr nicht mehr bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber sein möchten, ist jeder Fünfte (20 %) bereits aktiv auf Jobsuche, weitere 41 Prozent hören sich um. Das trifft sowohl auf Beschäftigte mit der Möglichkeit, remote zu arbeiten, als auch auf Beschäftigte mit einem festen Arbeitsplatz vor Ort zu: Beide Gruppen sind offen für einen Wechsel.“

Vertrauen in Unternehmen im Sinkflug, Zufriedenheit mit Führungskräften niedrig

Uneingeschränktes Vertrauen in die finanzielle Zukunft ihres Unternehmens haben dabei in diesen schwierigen Krisenzeiten nur noch 41 Prozent der Befragten (-5 % ggü. Vorjahr). Auch die Zuversicht, dass die Geschäftsführung künftige Herausforderungen erfolgreich meistern wird, hat gelitten. Nur noch 29 Prozent der Befragten trauen ihr das zu (2019: 41 %, 2020: 36 %, 2021: 34 %). Die direkte Führungskraft spielt in unruhigen Zeiten wie diesen eine besonders wichtige Rolle. Allerdings ist nur ein Viertel der Beschäftigten mit ihr äußerst zufrieden (25 %), fast vier von zehn Befragten (38 %) sehen hier Nachholbedarf. Gleichzeitig sagen nur 33 Prozent, dass Informationen zu Entwicklungen im Unternehmen optimal weitergegeben werden, ähnlich niedrig (30 %) liegt die Zahl derjenigen, die angeben, dass ihre Führungskraft immer erreichbar sei und sich Zeit nehme. Lediglich 34 Prozent fühlen sich von ihr ausreichend unterstützt, und nur 14 Prozent inspiriert, Dinge zu tun, die sie sich zunächst nicht zugetraut hätten. „Die Daten deuten darauf hin, dass es bei Führungskräften erhebliches Potenzial gibt, Beschäftigte so zu führen, dass sie ihren Job besser machen können und motiviert zur Arbeit gehen. Sie zeigen aber auch, dass sich hohe Zufriedenheit mit der Führungskraft positiv auf die emotionale Bindung zum Unternehmen auswirkt. Zu viele Vorgesetzte legen allerdings immer noch den Schwerpunkt auf die Schwächen ihrer Beschäftigten statt auf ihre Stärken und positiven Eigenschaften“, sagt Marco Nink.

Wer emotional gebunden ist, bleibt seinem Unternehmen häufiger erhalten

Die gute Nachricht: Unternehmen können mit ihrer Führungskultur für eine höhere emotionale Bindung sorgen und der Wechselbereitschaft aktiv gegensteuern. Denn von den hoch Gebundenen wollen 86 Prozent in einem Jahr noch bei ihrer derzeitigen Firma sein (ohne Bindung: 20 %), und lediglich zwei Prozent von ihnen sind derzeit aktiv auf Jobsuche (ohne Bindung: 23 %). 64 Prozent würden ihren Arbeitgeber Freunden oder Familienangehörigen uneingeschränkt empfehlen (ohne Bindung: 14 %). Das ist vor allem für das aktive Recruiting von Bedeutung. Und auch die Burn-out-Gefahr nimmt mit steigender Bindung drastisch ab. Insgesamt beklagt jeder Dritte, aufgrund von Arbeitsstress innerlich ausgebrannt zu sein (35 %) – bei Menschen mit hoher emotionaler Bindung sind es nur 13 Prozent, bei den inneren Kündigern 60 Prozent.

„In einem volatilen Arbeitsmarkt müssen Unternehmen alles daransetzen, ihre Mitarbeitenden zu halten“, so Marco Nink. „Nur so haben sie eine Chance, die Auswirkungen des Fachkräftemangels und des allgemeinen Arbeitskräftemangels abzufedern. Wenn Mitarbeitende dauerhaft bleiben, dann tun sie das aufgrund der erlebten Führung und des Arbeitsumfelds. Vor diesem Hintergrund gibt es für schlechte Führung keine Entschuldigung mehr – zumal es hier keine Erkenntnislücke, sondern ein Umsetzungsdefizit gibt. Führungskräfte brauchen ein Bewusstsein für das eigene Verhalten und sollten es auf den Prüfstand stellen.“

Weitere wichtige Kennzahlen

Auswirkungen von emotionaler Bindung auf die Unternehmensleistung:

  • 18 % bis 43 % geringere Fluktuation (43 % bei Unternehmen mit einer niedrigen Fluktuation, 18 % bei Unternehmen mit einer hohen Fluktuation)
  • 81 % weniger Fehlzeiten
  • 64 % weniger Arbeitsunfälle
  • 41 % weniger Qualitätsmängel
  • 10 % bessere Kundenbewertungen
  • 14 % höhere Produktivität

Quelle: Gallup Meta-Analyse von 276 Unternehmen, Stand: Oktober 2020

Beschäftigte in Deutschland bewerten ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt so gut wie selten zuvor: Vier von fünf Befragten denken, dass es eine gute Zeit ist, einen neuen Job zu finden (2022: 81 %, 2021: 52 %, 2020: 37 %, bisheriger Höchstwert 2019: 72 %). (Quelle: Gallup World Poll Deutschland 2022)

Die Entlohnung für die geleistete Arbeit wird von der Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland als fair und angemessen betrachtet. Der Aussage „Von meinem Standpunkt aus gesehen werde ich für die Arbeit, die ich leiste, angemessen bezahlt.“ stimmten 6 von 10 Befragten zu. (Quelle: Engagement Index Deutschland 2022)

* Berechnung auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2022

Ausführliche Informationen zum Gallup Engagement Index 2022: 

Über den Engagement Index Deutschland:

Seit dem Jahr 2001 erstellt Gallup jährlich, anhand von zwölf Fragen zum Arbeitsplatz und -umfeld, den sogenannten Q12®, den Engagement Index für Deutschland. Die Studie gibt Auskunft darüber, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeiterenden und damit das Engagement und die Motivation bei der Arbeit ist. Für die jüngste Untersuchung wurden zwischen dem 14. November und 21. Dezember 2022 insgesamt 1.500 zufällig ausgewählte Arbeitnehmende ab 18 Jahren telefonisch interviewt (Dual Frame: Festnetz- und Mobilfunkstichprobe; zufällige Auswahl von Telefonnummern, zufällige Auswahl der Zielperson im Haushalt mittels Geburtstagsverfahren bei mehr als einer relevanten Zielperson pro Haushalt). Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland ab 18 Jahre.

Über das Beratungsunternehmen Gallup

Gallup ist ein forschungsbasiertes Beratungsunternehmen an der Schnittstelle zwischen Ökonomie und Psychologie. Durch kontinuierliche Forschung in über 150 Ländern und mehr als 85 Jahren Erfahrung in der Verhaltensökonomie verfügt Gallup über ein umfassendes Wissen zu den Einstellungen und Verhaltensweisen von Mitarbeiter:innen, Kund:innen und Lieferant:innen.

Für Rückfragen, Interviewwünsche und weitere Informationen:
Benjamin Quiram
Klubfaktor Agentur für Kommunikation
Telefon: +49 40 70 56 83
Mobil: 0172/707424
Mail: gallup@klubfaktor.de  


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